Datensätze für zwei: die Wirkung von investigativem Journalismus durch Zusammenarbeit mit akademischer Forschung stärken

übersetzt von Larissa Saar, das Original ist hier veröffentlicht

Das Zentrum für investigativen Journalismus Irpi, Investigative Reporting Project Italy, und Crime&Tech, ein Institut von Transcrime, Università Cattolica del Sacro Cuore, werden eine neue Richtung in der Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft und akademischer Forschung einschlagen – konkret in der Zusammenarbeit von Forschung und investigativem Journalismus mit dem Ziel, gemeinsam Werkzeuge zur Analyse des Verhaltens transnationaler krimineller Organisationen zu entwickeln, wodurch einerseits die Forschung zu diesem Thema gestärkt wird und andererseits die Wahrnehmung und Reaktion der Zivilgesellschaft auf dieses Phänomen gesteigert wird.

Die Arbeit wird sich im Besonderen darauf konzentrieren, wie organisierte Kriminalität Unternehmen nutzt, um Schmuggel, Geldwäsche und andere kriminelle Aktivitäten zu betreiben. Das Ziel ist es letztlich, zu deren Verständnis beizutragen, um so die Forschung und Prävention zu stärken. Denn auf diesen Wegen der Unterwanderung legitimer Geschäfte werden die Erlöse illegaler Aktivitäten gewaschen und neu investiert, wodurch sie mit ‚sauberem‘ Geld durchmischt werden.

Eine erfolgreiche Geldwäsche-Operation erfordert den Transfer von Geld. In den Fällen, an denen Irpi Journalisten und Crime&Tech und Transcrime Forschende arbeiten, sind immer Unternehmen beteiligt. Je undurchsichtiger die Unternehmensstruktur einer Firma ist, desto höher ist das Risiko, das sie durch gesetzeswidriges Kapital unterwandert ist. Dieser Zusammenhang ist gut dokumentiert und Transcrime hat im Laufe der Jahre verschiedene Indikatoren und Modelle entwickelt, um die Risiken von Unternehmen und Wirtschaftszweigen zu porträtieren. 2020 hat Transcrime ein Projekt koordiniert, an dem auch Irpi beteiligt war: Datacros (www.transcrime.it/datacros). Das Projekt hat ein Werkzeug entwickelt, das die Analyse großer Datensätze von Unternehmen ermöglicht. Durch Datacros ist es möglich, Verbindungen zwischen Unternehmen und Eigentümer- und Leitungsstrukturen und ihr Risikolevel zu identifizieren und die Präsenz von Unternehmen und Eigentümern in konkreten Gebieten und Wirtschaftszweigen abzubilden. Datacros ermöglicht es, in der Praxis verschiedene Datensätze zusammen auszuwerten und kann verwendet werden, um potenziell kritische Fälle in verschiedenen Gebieten zu identifizieren. Bisher war es die Rolle von Journalisten bei Irpi, das Tool zu testen und seine Effektivität in der Darstellung von Situationen, die zuvor in journalistischer Recherche identifiziert wurden, einzuschätzen. Nun gibt es auch die Möglichkeit, neue Fallstudien von Grund auf aufzubauen.

Im Rahmen von COESO werden Crime&Tech und Irpi den Ansatz von Datacros verwenden, um spezifische Wirtschaftssektoren zu untersuchen, die bereits ein erhöhtes Risikoprofil aufweisen: der Immobiliensektor und die Fischerei und maritime Wirtschaftszweige. Diese Sektoren zeigen Elemente, die von Interesse sind, die aber bisher nicht tiefgreifend untersucht wurden. Beide werden durch Unternehmen mit komplexen Besitzstrukturen charakterisiert, bei denen es häufig schwierig ist, den wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren, und die manchmal für Geldwäsche oder die Beobachtung illegalen Schmuggels (z.B. Drogen, Waffen oder Menschenhandel) genutzt werden. Die gemeinsame Arbeit wird es ermöglichen, investigative Recherchewege zu identifizieren, denen Irpi Journalisten anschließend versuchen nachzugehen, und für Transcrime die Untersuchung einer größeren Tiefe an akademischen Forschungsperspektiven ermöglichen.

Die Zusammenarbeit wird es auf der einen Seite Transcrime ermöglichen, Risikoindikatoren zu verifizieren und auf der anderen Seite Irpi die Möglichkeit bieten, investigative Erkenntnisse zu gewinnen, die auf andere Weise unmöglich gefunden werden könnten. Die Herausforderung ist es, kollaborativen Raum zu gestalten, in dem komplexe Daten sowohl für journalistische Zwecke als auch für akademische Analyse verwendet werden können. Die Schwierigkeiten zeigen sich von mehreren Seiten. Am offensichtlichsten ist die Fähigkeit, relevante Fallbeispiele zu identifizieren und herauszuarbeiten, ob diejenigen, die identifiziert wurden, tatsächliche Fälle krimineller Aktivität darstellen oder ob dies nicht der Fall ist. Dieses Problem zieht wichtige Schlussfolgerungen mit Blick auf die Strafverfolgung, das Recht der Berichterstattung und Privatsphäre nach sich. Daher wird sich die Zusammenarbeit nicht auf Einzelfälle fokussieren, sondern mit systemischer Forschung starten, mit dem Ziel, strukturelle Schwächen in den analysierten Sektoren offen zu legen. Eine zweite Schwierigkeit bezieht sich auf die Möglichkeit, unterschiedliche in der Analyse verwendete Datensätze zu vergleichen und zu kombinieren. Daher wird die Zusammenarbeit, die als Teil von COESO stattfinden wird, auf zwei Ebenen umgesetzt: auf der einen Seite die technische und juristische Ebene mit dem Ziel, einen Raum für Austausch zu schaffen, der auf technischer Ebene verwendet werden kann und der mit europäischen Regelungen zum Teilen sensibler Daten vereinbar ist; auf der anderen Seite die investigative Ebene, die es ermöglicht konkrete Probleme zu identifizieren und es den Partnern erlaubt, operative Lösungen zu testen um die massive Analyse verschiedener heterogener Datenquellen zu verbessern.

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